Klimaphilanthropen wissen schon lange, wie man die Klimakrise löst: Weniger Öl und Gas verbrauchen, mehr erneuerbare Energien nutzen, den öffentlichen Nahverkehr elektrifizieren, das Stromnetz modernisieren und die Kohleverbrennung einstellen. Angesichts der derzeitigen UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan eröffnet sich eine neue und wirkungsvolle Möglichkeit, die Klimaschutz-Philanthropen ins Visier nehmen sollten: Plastik. Ja, Plastik – das zu 99% aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird.
Philanthropen, denen der Klimawandel am Herzen liegt, sollten die Verringerung von Plastik als zentrales Instrument betrachten und sich die Chancen eines neuen globalen Plastikvertrags der Vereinten Nationen zu Nutze machen. Wenn wir diese Gelegenheit nicht ergreifen, könnte bis 2050 etwa 20-25% des weltweiten Kohlenstoffbudgets durch Plastik aufgebraucht werden – was in etwa dem Bau von Hunderten neuer Kohlekraftwerke entspricht.
Um die volle Wirkungskraft des Vertrages zu verstehen, lohnt es sich, den neuen Schwerpunkt der fossilen Brennstoffindustrie zu betrachten: Petrochemie. Da die Nachfrage aus dem Transport- und anderen Sektoren voraussichtlich zurückgehen wird, setzt die Industrie verstärkt auf Kunststoffe. Die Industrie lehnt diesen Vertrag ab und setzt erhebliche Mittel ein, um seine Umsetzung zu verhindern. Bei einer kürzlichen Verhandlungssitzung in Ottawa waren die Lobbyisten der Industrie zahlreicher als die Delegationen aus 87 Ländern. Ihr Ziel ist es, das Kerngeschäft zu erhalten: die Förderung und der Verkauf von Öl und Gas sowie die Produktion von Kunststoffen.
Deshalb sagt Inger Andersen, Exekutivdirektorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, der Vertrag könnte „das bedeutendste multilaterale Umweltabkommen seit dem Pariser Abkommen“ sein. Während die Klimaphilanthropen und die Staats- und weltweiten Regierungschefs viele Ressourcen in die jährlichen UNFCCC-Treffen investieren, könnte es nun in ihrem Interesse liegen, zu verstehen, wie der Globale Plastikvertrag eine beachtliche Kapitalrendite erzielen könnte.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sagt, dass es eine „wirtschaftliche und ökologische Absurdität“ sei, nach Einwegplastik zu bohren, nur um es innerhalb weniger Monate zu verbrennen oder zu vergraben. Doch das Problem beschränkt sich nicht nur auf das Verbrennen und Vergraben. Kunststoff und Petrochemikalien stoßen in jeder Phase ihres Lebenszyklus Kohlenstoff und giftige Chemikalien aus – von der Gewinnung und dem Transport fossiler Brennstoffe über die petrochemische Raffination und Herstellung bis hin zur Entsorgung oder Verbrennung von Kunststoffabfällen und der Zersetzung von Kunststoff, sobald es in unsere Ozeane und Wasserwege gelangt.
Selbst wenn es der Welt gelingt, die Emissionen in Bereichen wie Transport und Bauwesen zu verringern, würde das Klima davon kaum profitieren, wenn die Einsparungen durch steigende Emissionen aus der Kunststoffherstellung ersetzt werden. Im Jahr 2018 emittierte die amerikanische petrochemische Industrie mehr als 80 Millionen Tonnen Treibhausgase, und diese Zahl wächst stetig weiter. Exxon ist heute der weltweit größte Hersteller von Einweg-Kunststoffharzen. Die Zukunft dieser Industrie ist Kunststoff.
Obwohl die Klimaschäden durch Kunststoff ein relativ neues Problem darstellen, sind die umfassenderen Umweltschäden keineswegs neu. Jede Minute gelangt das Äquivalent eines Müllwagens voller Kunststoffabfälle in Ozeane und Wasserwege, und giftige Chemikalien bedrohen die menschliche Gesundheit über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Darüber hinaus hat sich die Lösung des Recyclings im großen Maßstab nicht bewährt, da nur etwa 9% des Kunststoffs tatsächlich recycelt werden.
Deshalb gibt es weltweit breite Unterstützung dafür, die Plastikverschmutzung an ihrer Quelle zu stoppen. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass 82% der Befragten eine Reduzierung der Plastikproduktion befürworten, wobei die Zustimmung in Ländern am höchsten ist, die seit langem unter Plastikverschmutzung leiden, wie den Philippinen (93%) und Indonesien (88%).
Um diesen Moment zu nutzen, hat der Plastic Solutions Fund zur Gründung des Global Plastics Treaty Fundraising Collective beigetragen – eine inklusive, bewegungsübergreifende Koalition von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Netzwerken, die sich der Förderung des ehrgeizigen Vertrags gewidmet haben. Diese Organisationen sind in mehr als 100 Ländern weltweit aktiv und koordinieren die Bemühungen von Wissenschaftlern, Klimaaktivisten, technischen und politischen Experten, Umweltaktivisten, Gesundheitsexperten und Gewerkschaften – was ein starkes Maß an Zusammenarbeit im Dienste des ehrgeizigen Ziels eines wirksamen und rechtsverbindlichen Plastikvertrags darstellt.
Es gibt Grund zur Annahme, dass dieser Vertrag die Klimaagenda schneller voranbringen könnte als die UNFCCC-Prozesse, an denen sich viele Stiftungen und Philanthropen bereits beteiligen. Mehr als 170 Länder verhandeln derzeit intensiv darüber, wie sie die Plastikproduktion reduzieren, giftige Chemikalien eliminieren und einen gerechten Übergang für die Arbeitnehmer schaffen sollen. Der Vertrag könnte bereits 2025 unterzeichnet werden und hätte das Potenzial, die weltweite Plastikproduktion deutlich zu reduzieren, den Plastiklebenszyklus zu entgiften und ambitionierte Programme schaffen, um Wiederverwendungssysteme weltweit wieder einzuführen.
Um das Klima- und Plastikproblem nachhaltig zu lösen, müssen internationale Abkommen die Herstellerverantwortung der petrochemischen Industrie einfordern, anstatt Gemeinden und Verbraucher mit der Verantwortung für das Recycling ihrer Abfallströme zu belasten. Die Zivilgesellschaft und die Philanthropie haben nun die Möglichkeit, einen Vertrag zu beschließen, der noch ehrgeiziger ist als das Pariser Abkommen und notwendige Produktionsgrenzen beinhalten würde. Klimafinanzierer könnten effektiv den Ausstoß von Kohlenstoff senken, indem sie die Plastikproduktion reduzieren.
Nicky Davies ist Geschäftsführerin des Plastic Solutions Fund, einem Konsortium aus 24 Stiftungen, die sich der Bekämpfung der Plastikverschmutzungskrise verschrieben haben. Darüber hinaus war sie an der Gründung des Global Plastics Treaty Fundraising Collective beteiligt. https://plasticsolution.org/
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Übersetzung. Die englische Originalversion wurde am 8. November 2024 von Alliance veröffentlicht und ist hier verfügbar.